Der Norddeutsche Fußball-Verband trauert um Rudi Pohler. Der langjährige Verbandschiedsrichter-Lehrwart des Niedersächsischen Fußball-Verbandes und Ehrenmitglied des Norddeutschen Fußball-Verbandes verstarb am Mittwoch im Alter von 95 Jahren. „Rudi war eine der herausragendsten Persönlichkeiten in der Geschichte unseres Verbandes und diente Generationen von Schiedsrichtern als Vorbild. Durch sein hohes Fachwissen, durch seine persönliche Integrität und durch seine Leidenschaft für das Schiedsrichterwesen. Wir verneigen uns in großer Dankbarkeit vor seinem Wirken“, würdigte NFV-Präsident Ralph-Uwe Schaffert den Verstorbenen.
Rudolf August Pohler kam am 24. Mai 1928 als jüngstes von fünf Kindern im oberschlesischen Neisse, dem heutigen Nysa, zur Welt. Mit 14 schloss er die Volksschule ab und begann beim Arbeitsamt in Neisse eine Verwaltungslehre. Mit 16 Jahren und sechs Monaten wurde Pohler Soldat und geriet gegen Ende des Krieges bei Regensburg in Gefangenschaft. Mit Cleverness und einer Notlüge bahnte er sich den Weg in die Freiheit und in seine neue Heimat Hildesheim.
„Wer aus Pommern, Schlesien oder Ostpreußen kam, hatte keine Chance, vorzeitig entlassen zu werden. Landwirtschaftliche Fachkräfte aus der britischen und amerikanischen Besatzungszone dagegen schon. Also habe ich behauptet, dass ich aus der Landwirtschaft komme und meine Heimat Godenau ist“, erinnerte er sich 2019 im Gespräch mit dem Fußball-Journal Niedersachsen. Godenau ist ein Ortsteil der niedersächsischen Stadt Alfeld und lag in der damaligen britischen Besatzungszone. „Ich selbst war nie dort gewesen, wusste von dem Ort aber aus Erzählungen meines Bruders, der Soldat im Hildesheimer Raum war.“
So kam Pohler im Mai 1945 mit 17 in den Landkreis Alfeld. Nach zwei Jahren als Landarbeiter nahm er zum 1. April 1947 in Hildesheim seine frühere Tätigkeit als Verwaltungsangestellter beim Arbeitsamt wieder auf. Später war er dort als Ausbilder tätig, ehe ihn 1960 der Ruf der Bundeswehr ereilte. Er wurde Ausbildungsleiter für den gehobenen Dienst im Wehrbereich Niedersachen/Bremen und versah diesen Dienst bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1990.
„Mir liegt es, anderen zu vermitteln, was ich verstanden habe“, sagte Pohler 2019 gegenüber dem Fußball-Journal Niedersachsen. Dieses Talent diente ihm nicht nur im Beruf, sondern auch im Schiedsrichterwesen. Von 1955 bis 1968 selbst mit der Pfeife auf den Plätzen unterwegs, davon lange Zeit auch in der Oberliga bzw. Regionalliga Nord, wurde er zunächst Lehrwart auf Kreisebene (1958 bis 1968 in Hildesheim), dann im Bezirk (60 bis 72, Altbezirk Hildesheim) und schließlich im Verband (1969 bis 1978). Darüber hinaus saß er von 1974 bis 1983 im Schiedsrichter-Lehrstab des Deutschen Fußball-Bundes und machte sich in dieser Zeit einen Namen als ständiger Mitarbeiter der DFB-Schiedsrichter-Zeitung und Mitautor eines Handbuches für Unparteiische.
Von 1978 bis 1999 war er zudem Verbandsschiedsrichterobmann des NFV und gehörte im selben Zeitraum dem Norddeutschen Schiedsrichterausschuss an. In seiner Funktion als Lehrwart und Obmann prägte er Schiri-Größen wie Walter Horstmann, Volker Roth, Wolf-Dieter Umbach, Wolfgang Mierswa, Jan Redelfs oder Wolf-Günter Wiesel, die allesamt in der Bundesliga und zum Teil sogar auf FIFA- Ebene pfiffen und die der Vater einer Tochter gerne als „meine Jungs“ bezeichnete.
Gefragt, über welche Eigenschaft ein Schiedsrichter unbedingt verfügen sollte, um ein Guter zu werden, sagte Rudi Pohler. „Persönlichkeit, Persönlichkeit und nochmals Persönlichkeit.“ Wenn sein Ausschuss immer danach entschieden hätte, „wer die Regeln am besten kennt, dann wären zum Teil ganz andere Schiedsrichter nach oben gekommen.“
1999 wurde Rudi Pohler, der seit 1956 Mitglied des VfV Hildesheim (heute VfV Borussia 06) war und im Hannoveraner Stadtteil Döhren lebte, zum Ehrenmitglied des Niedersächsischen Fußball-Verbandes ernannt. Ein Jahr später im Jahr 2000 erhielt er die selbe Auszeichnung im Norddeutschen Fußball-Verband.
(Text: Niedersächsischer Fußball-Verband / NFV)