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„Auch wir müssen immer 100 Prozent bringen“

Pablo Thiam im Interview

(Foto: hansepixx.de)

Pablo Thiam (45) ist Leiter der Akademie des VfL Wolfsburg und damit auch für die U23 des Vereins verantwortlich. Gefallen hat ihm das 1:1 gegen den SSV Jeddeloh nicht, allerdings findet der ehemalige Profi eine Erklärung für die überraschenden Punktverluste des Titelverteidigers.  

Pablo Thiam, hinter Ihrer Mannschaft liegt ein 1:1 gegen den SSV Jeddeloh. Wie kommentieren Sie das Spiel?

Pablo Thiam: Ein Sieg wäre uns natürlich lieber gewesen. Aber es ist auch klar, dass wir nicht jedes Spiel gewinnen werden. Egal, wo man in der Tabelle steht, muss jede Partie erst einmal gespielt werden, und auch wir müssen immer 100 Prozent bringen. Insofern ist es gut, dass die Jungs sehen: Wenn wir nachlässig sind, geben wir Punkte ab.

Ihre Aussage deckt sich mit der Einschätzung von Trainer Rüdiger Ziehl, der zu wenig Leben gegen den SSV Jeddeloh ausgemacht hat und meinte, das Team sei nicht ans Limit gegangen. Ist mit den Punktverlusten also ein Ausbildungsschritt verbunden?

Ja klar. Wir hatten ein schweres Auftaktprogramm, wo wir besser raus sind als wir zuvor gedacht haben. Dann kamen Gegner, von denen angenommen wurde, dass wir sie in jeden Fall schlagen können. Aber wir sind eben eine Ausbildungsmannschaft. Es freut mich, dass wir die Jungs aus der U19 integrieren konnten, ebenso die Neuzugänge. Die Mannschaft ist schon zusammengewachsen. Aber wir müssen noch lernen, unser Potenzial immer abzurufen, zum richtigen Zeitpunkt bei 100 Prozent zu sein.

Alle Nachwuchsteams der Liga besitzen einen Ausbildungscharakter, und dieser wird auch regelmäßig betont von den anderen Vereinen. Der VfL Wolfsburg II ist dagegen aber amtierender Meister und belegt auch aktuell die Spitzenposition. Wie bekommen Sie den Spagat zwischen der Entwicklung Ihrer Talente und dem sportlichen Erfolg hin?  

Wir haben jedes Jahr eine sehr junge Mannschaft, wie die anderen Profivereine auch. Dabei profitieren wir von der Arbeit der anderen Teams der Akademie. Es geht zwar in erster Linie um die Ausbildung, aber sie muss den sportlichen Erfolg nicht ausschließen. Ein Teil der Entwicklung besteht darin, diesen Hunger zu bekommen. Deshalb gehört auch immer ein bisschen Druck dazu, ebenso wie die innere Motivation. Wenn ein Spieler selbst unbedingt gewinnen möchte, lassen sich noch ein paar Prozent mehr herauskitzeln. Wir wollen immer das Maximum. Es wird niemand geköpft, wenn wir Zweiter oder Dritter sind. Aber das Ziel ist dann immer, besser zu werden. Das bekommen die Jungs ab der U15 eingeimpft, und davon profitiert nun die U23.

Diese U23 verlor nun aber erneut Punkte im eigenen Stadion, während sie auswärts fünf Siege in fünf Spielen landete. Deutet sich da so etwas wie ein Heimkomplex an?

Nein. Wir haben in den letzten Jahren auch Phasen gehabt, in denen wir auswärts Punkte liegen gelassen haben. Eigentlich liegen uns die Heimspiele auch mehr, weil wir auf einem perfekten Rasen unsere spielerischen Vorteile nutzen können. Am Ende geht es aber immer darum, wie die Jungs die Spiele angehen. Vielleicht hatten wir auswärts bisher mehr Spannung. Aber logisch erklären kann man das nicht. 

Während der VfL nur 1:1 gegen Jeddeloh spielte, verlor sein Verfolger VfB Lübeck gar mit 0:1 in Rehden. Wie haben Sie dieses Ergebnis wahrgenommen?

Dass man in Rehden Punkte lassen kann, auch bei anderen Vereinen, wissen wir aus eigener Erfahrung. Aber ich sage immer: Die Meisterschaft wird sowieso nicht jetzt entschieden, sondern am Ende der Saison. Keine Mannschaft wird alle Spiele gewinnen. Es ist immer wichtig, sich auf sich selbst zu konzentrieren. So war es ja auch bei Jürgen Klopp und dem FC Liverpool in der Premier League: Sie haben kein Spiel verloren und sind doch nicht Meister geworden, weil es noch eine bessere Mannschaft gab.

Angesichts der Punktverluste der beiden Topteams sind die Verfolger aus Kiel, Flensburg und Bremen wieder näher gerückt. Bleibt es trotzdem beim Zweikampf zwischen dem VfL II und dem VfB Lübeck oder geht es am Ende noch spannender zu?

Ich habe vorher gesagt, dass ich Flensburg und Lübeck am stärksten einschätze und es eine Überraschungsmannschaft geben wird. Dabei bleibe ich. Es gibt ja auch Mannschaften wie Kiel, Drochtersen oder Rehden, und beim VfB Oldenburg will man unbedingt aufsteigen. Ich glaube, die Meisterschaft wird sehr eng werden. Das aktuelle Bild wird es deshalb lange geben, und zum Schluss kommt es auf Kleinigkeiten an.

 

(Ds Interview führte Stefan Freye)
 

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