Die ersten Worte fielen verhalten aus, denn es ging ja vor allem darum, die Ruhe zu bewahren. „Wir werden weitermachen und jetzt erst recht zusammenhalten“, hatte Trainer Torsten Gütschow nach dem 0:4 gegen den TSV Havelse zum Start in die zweite Saisonhälfte betont. Aber die klare Niederlage im ersten Heimspiel des Jahres hinterließ ihre Wirkung: Wie sollte der Bremer SV die nötigen Punkte zum Klassenerhalt einfahren, wenn schon eine weitgehend ausgeglichene Partie angesichts eigener Fehler in Abwehr und Angriff mit einem klaren Sieg für den Gegner endet? Aber so ist das ja im Fußball: Nur eine Woche später sieht die BSV-Welt schon wieder ganz anders aus. Anlass für den nachhaltigen Stimmungswechsel lieferte der unerwartete 2:0-Erfolg beim SSV Jeddeloh am letzten Wochenende. „Das war eine tolle Reaktion“, befand Gütschow einigermaßen stolz.
Es war ja nach dem Spiel in der Vorwoche auch nicht unbedingt zu erwarten gewesen, dass der BSV eine so solide Leistung in die 53acht-Arena zaubern würde. Die insgesamt schwache Leistung des Gastgebers hatte ja nur einen Grund für den BSV-Sieg geliefert. Der SSV fand in der Offensive so selten statt, weil ihm ein disziplinierter Gast kaum Gelegenheiten zum Spielaufbau gegeben und damit zu überwiegend harmlosen langen Bällen gezwungen hatte. „Unser Matchplan ist voll aufgegangen“, so Torsten Gütschow. Sein Team erinnerte in Jeddeloh jedenfalls an so manch erfolgreiche Partie des letzten Jahres, als man bereits mit einer ebenso aufmerksamen wie einsatzfreudigen Defensive und viel Effektivität im Sturm gepunktet hatte. So soll es nun weitergehen.
Dabei setzt man in Bremen auch auf eine verbesserte Personalsituation: Die Ende des letzten Jahres noch angeschlagenen Lukas Muszong und Mats Kaiser stehen nun wieder zur Verfügung, um eine starke Mittelfeldzentrale zu bilden. Zudem wird die Rückkehr von Kevin Kling, dem in 2022 stärksten Innenverteidiger in den kommenden Wochen erwartet. Schließlich verspricht man sich auch eine Menge von Marco Schultz. Der erfahrene Winterzugang vom VfB Oldenburg - neben Nicolas Fenski (Iowa Reivers) nur einer von zwei Neuen – soll die Mannschaft führen und nebenbei auch für das eine oder andere Tor sorgen. „Er braucht noch Praxis, zeigt aber schon ordentliche Ansätze und kommt langsam“, so Gütschow
Sicher ist aber auch: Es wird wohl bis zum Schluss eng zugehen. Sie sind beim BSV zwar nicht unzufrieden mit ihrer Punktausbeute. Aber selbst die 24 Zähler aus 23 Partien reichten nicht, um die regulären Abstiegsplätze zu verlassen. Allerdings vermochte sich der 17. aus Bremen schon ein wenig vom FC St. Pauli (18., 19 Punkte) und Kickers Emden (19., 10) abzusetzen. Aber bis auf die Kickers – die beim 0:0 in Norderstedt gerade den zweiten Punkt in Folge gewannen – hat auch kein anderes Team im Tabellenkeller so viele Spiele absolviert wie der BSV. Im Gegensatz zum Schlusslicht aus Emden, dessen Trainer Stefan Emmerling den Klassenerhalt an dieser Stelle mit einem „Wunder“ verglich, setzen die Bremer allerdings eher auf „irdische Kräfte“.
„Wir brauchen Mentalität und Leidenschaft, dann können wir mithalten“, betont Torsten Gütschow. Der Bremer SV sei schließlich eine Gemeinschaft mit einem gemeinsamen Ziel: „Wir alle wollen den Klassenerhalt.“ Die kommenden Monate werden nun wohl davon abhängen, wie sehr sich die Beteiligten einschwören und ihre vor allem im kämpferischen Bereich angesiedelten Qualitäten in die Spiele am Wochenende einbringen. Das setzt für den Trainer voraus, dass selbst ein Erfolg wie in Jeddeloh nicht zu lange in den Köpfen bleibt. „Ich habe den Jungs gesagt: Ihr könnt jetzt ein, zwei Tage feiern, müsst dann aber wieder umschalten“, sagt Torsten Gütschow.
(Text: Stefan Freye)