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"Der Saisonstart war nur eine Momentaufnahme, darauf darf man sich nie ausruhen."

Interview mit Marcello Semonella (Holstein Women)

Marcello Semonella bei der Ehrungsveranstaltung zum "Trainer des Jahres" neben NFV-Präsident Ralph-Uwe Schaffert (Fotos: Holstein Kiel/Startseite, Sven Peter)

Die Holstein Women spielen eine beeindruckende Saison und stehen in der Frauen-Regionalliga Nord auf dem 2. Platz. Nach einem starken Saisonstart und dem Einzug ins Pokalfinale des SHFV-Landespokals zeigt das Team eine bemerkenswerte Entwicklung.

Ein entscheidender Faktor hinter diesem Erfolg ist auch Cheftrainer Marcello Semonella, der bereits im vergangenen Jahr vom Norddeutschen Fußball-Verband als Trainer der Saison ausgezeichnet wurde. In der Saison 2023/2024 übernahm er die Mannschaft nach einer schwierigen Hinrunde auf einem direkten Abstiegsplatz und führte sie souverän zum Klassenerhalt. Seitdem hat er das Team kontinuierlich weiterentwickelt und einen starken Start in die neue Saison mit acht Siegen in Serie hingelegt.

Allerdings mussten die Holstein Women gegen Ende der Hinrunde einige Rückschläge hinnehmen. Auf den furiosen Start folgten drei Niederlagen und ein Unentschieden, wodurch die Kielerinnen wertvolle Punkte liegen ließen. Doch die Mannschaft zeigte eine starke Reaktion und startete mit zwei Siegen in die zweite Jahreshälfte. Nun gilt es, diesen positiven Trend fortzusetzen und weiter, um die Spitzenplätze mitzuspielen.
 
 Von der Außenseiterrolle zum Spitzenteam, ihr habt in dieser Saison einen riesigen Sprung nach vorne gemacht, was ist der Schlüssel zu dieser Entwicklung? 

Als ich die Mannschaft vor anderthalb Jahren übernommen habe, war das Ziel klar der Klassenerhalt. Wir haben damals sehr darauf geachtet, an den richtigen Stellschrauben zu drehen, um eine schnelle Entwicklung zu ermöglichen. Es ging auch darum, sowohl offensiv als auch defensiv für Verstärkung zu sorgen und das Spielsystem entsprechend anzupassen. Das ist damals gut gelungen. Darauf konnten wir im Laufe der Sommerpause gut aufbauen und Stück für Stück die Stellschrauben weiterdrehen, die es bedarf, um das Niveau zu festigen. Dass es dann so gut lief, war im Vorfeld dennoch nicht abzusehen, aber ich freue mich sehr darüber, dass es so gut geklappt hat.
 
Ihr habt die Saison mit acht Siegen in Folge begonnen. Hättest du das für möglich gehalten oder hat dich dieser Lauf selbst überrascht? 

Man freut sich natürlich, wenn es so gut läuft. Acht Spiele in Folge zu gewinnen ist besonders in dieser Liga nicht selbstverständlich. So etwas kann man nicht planen. Der Fokus liegt immer auf dem nächsten Spiel, bei dem man an sein Maximum gehen will. Ein Sieg ist von vielen Faktoren abhängig. Der Saisonstart war dennoch nur eine Momentaufnahme, darauf darf man sich nie ausruhen. 
 
Nach dem Traumstart gab es gegen Ende der Hinrunde drei Niederlagen und ein Unentschieden. Hast du eine Erklärung dafür?

Wir haben die Spiele im Nachgang natürlich ausführlich reflektiert. Bei den Niederlagen haben wir nicht konsequent genug verteidigt und insgesamt zu viele individuelle Fehler gemacht. Daran haben wir in der Winterpause verstärkt gearbeitet. Das Hinspiel gegen den FC St. Pauli haben wir mit 0:2 verloren, das Rückspiel konnten wir vor Kurzem mit 2:0 gewinnen. Das ist in meinen Augen die beste Belohnung für die intensive Vorbereitung, die hinter uns liegt. 
 
Mitte März steht das Topspiel gegen den HSV II an. Wie wichtig ist diese Partie für den weiteren Saisonverlauf und was macht den HSV zu so einem starken Gegner? 

Die Zweitvertretung des HSV hat viele junge, individuell starke Spielerinnen in den eigenen Reihen. Darauf müssen wir uns einstellen. Es ist immer ein besonderes Spiel gegen den HSV, alle brennen für dieses Nordduell. Wir freuen uns sehr, überhaupt in der Position zu sein, als Tabellenzweiter zum Spitzenreiter zu fahren. Das hätte man vor der Saison vermutlich direkt so unterschrieben.
 
Du wurdest vom NFV als Trainer der Saison 2023/2024 ausgezeichnet und hast bei der SHFV-Wahl Platz fünf belegt. Wie fühlt es sich an, für deine Arbeit so gewürdigt zu werden?  

Es ist ein verrücktes Gefühl. Als Spieler habe ich selbst nie höherklassig gespielt, deshalb habe ich nicht wirklich damit gerechnet, noch eine Auszeichnung im Fußball zu bekommen. Das sehe ich auf jeden Fall als eine große Wertschätzung für meine Arbeit an und ich freue mich sehr darüber. 
 
Wie wichtig sind solche Auszeichnungen für dich persönlich? 

Die Auszeichnungen waren für mich wie bereits gesagt eine Wertschätzung für meine Arbeit. Allerdings sind es auch nur Momentaufnahmen, danach muss man trotzdem weiter hart arbeiten, um sich etwas darauf aufzubauen. Ich habe für mich persönlich deshalb auch viel Motivation für diese Saison daraus ziehen können.
 
 Jede Mannschaft hat Charakterköpfe. Wer bringt dich an der Seitenlinie am meisten zur Verzweiflung? Und gibt es eine Spielerin, die besonders gerne deine Geduld testet?

Wir sind eine sehr bunt gemischte Truppe mit vielen verschiedenen Charakteren, davon lebt eine Mannschaft. Charakterlich bin ich von Natur aus ein geduldiger Mensch. Mir machen die Einheiten auf dem Trainingsplatz mit der Mannschaft immer sehr viel Freude. 
 
Ihr seid auf einem großartigen Weg. Aber was ist die langfristige Vision? Möchtest du mit Holstein in die zweite Bundesliga aufsteigen? Oder geht es noch weiter nach oben?

Ich beschäftige mich aktuell mit dieser Saison. In der Eingangsfrage wurde ich auf den Abstiegskampf in der vergangenen Saison angesprochen. Ich glaube, es ist ganz wichtig, nicht zu vergessen, woher man kommt, und die eigene Entwicklung richtig einzuordnen. Wir haben bisher eine gute Saison gespielt, darauf gilt es nun aufzubauen.  
 
Mit dem Aufstieg der Holstein Männer in die Bundesliga wächst der gesamte Verein und rückt immer stärker in den Fokus. Welche Auswirkungen hat diese Entwicklung auf euer Frauenteam? Spürt ihr mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung und welche Chancen ergeben sich daraus für den Frauenfußball bei Holstein Kiel?

Die Aufmerksamkeit von außen ist sicherlich für den gesamten Verein gestiegen, das gilt auch für die Holstein Women. Es ist ein schönes Gefühl und freut mich, dass mehr Menschen sich auch für den Kieler Frauenfußball interessieren. Daraus wird sich in der Zukunft sicherlich noch das ein oder andere entwickeln. 
 
Du hast bewiesen, dass du ein sehr guter Trainer bist. Hast du Ambitionen irgendwann auf einem noch höheren Level zu coachen, vielleicht sogar im Profibereich?

Ich habe meine B+ Lizenz abgeschlossen und möchte mich zukünftig gerne noch weiterbilden und die nächste Lizenzstufe erreichen. Was dann noch alles möglich ist, wird sich in der Zukunft zeigen. 
 
Vielen Dank für das Interview Marcello! Wir wünschen den Holstein Women viel Erfolg für die kommenden Spiele und sind gespannt, wie sich das Team weiterentwickelt.
 

 

(Das Interview führte Jule Scheebaum/NFV)

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