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"Die Ligen brauchen eine größere Unterstützung"

Interview mit Sabine Mammitzsch - neue DFB-Vizepräsidentin Frauen- und Mädchenfußball

Das neue DFB-Präsidium mit Sabine Mammitzsch / Vierte von rechts (Foto: gettyimages)

Die Delegierten des 44. DFB-Bundestag wählte am vergangenen Freitag Sabine Mammitzsch als Vizepräsidentin Frauen- und Mädchenfußball in das DFB-Präsidium. Die Kielerin, die sich bereits seit 1990 ehrenamtlich in diversen Gremien auf Vereins- und Verbandsebene engagiert, beerbt in dieser Funktion Hannelore Ratzeburg. Wie Sabine Mammitzsch kurz nach ihrer Wahl schon sagte: „Es ist eine große Ehre für mich, in die riesigen Fußstapfen von Hannelore Ratzeburg zu treten. Ich bin stolz, ein Teil derer Personen zu sein, die den Fußball in Deutschland weiterentwickeln und die Sichtbarkeit von Frauen im Fußball vorantreiben werden“. So werden die kommenden Monate für die 62-Jährige Lehrerin für Mathematik und Sport sicherlich recht arbeitsintensiv. Wir haben mit ihr über die zukünftigen Aufgaben gesprochen, bevor wir nur noch das Besetztzeichen ihres Telefons zu hören bekommen:


Sabine, erst einmal ein herzlicher Glückwunsch zur Wahl zur DFB-Vizepräsidentin. Nach SHFV und NFV ein logischer Schritt, oder?

Vielen Dank für die Glückwünsche. Ja, das könnte man meinen, dass dies ein logischer Schritt ist. Es war immer ein Traum von mir, tatsächlich im DFB-Präsidium zu mitzuwirken. Es ist eine besondere Ehre für mich. Ich glaube, dass dies jetzt genau der richtige Moment ist, da es für mich persönlich passt und das Strategiefeld des DFB in seiner Ausrichtig stimmt. Ganz fassen kann ich die Situation aber immer noch nicht ganz.

Wie hast Du den DFB-Bundestag wahrgenommen? War dort schon eine Art Aufbruch zu spüren? Wie ist Deine eigene Wahl abgelaufen? Obwohl Du ja schon lange und in vielen Funktionen dabei bist, war da doch ein bisschen Aufregung zu spüren?

Ich habe den Bundestag als sehr positive Situation wahrgenommen. Das war schon eine Art Aufbruchsstimmung, wenngleich es im Vorfeld viele Nebengeräusche gab. Die Situation, dass es auf mehreren Positionen Konkurrenten gab, war besonders. Meine eigene Wahl an sich war unspektakulär. Ich war mir erst gar nicht sicher, ob ich auch noch eine Rede halten müsse, aber dann ging alles ganz schnell und plötzlich saß ich da oben.

Wie ist der Kontakt zu Bernd Neuendorf, dem neuen DFB-Präsidenten? Gibt es schon einen gemeinsamen Fahrplan für die kommenden Wochen? Schließlich hat das Präsidium eine ziemliche Radikalkur erfahren und ihr müsst Euch vermutlich erst einmal „einrichten“. Ist das überhaupt möglich bei der Vielzahl der Aufgaben, die anstehen?

Mein Kontakt zu Bernd Neuendorf ist sehr positiv. Ich durfte ihn schon einmal vor drei Jahren im Rahmen des Pokalabends in Köln kennenlernen. Ich nehme ihn als sehr sympathischen, offenen Präsidenten wahr. Ich bin mir sehr sicher, dass er ein Präsident sein wird, der nicht nur eine Legislaturperiode übersteht, sondern seine Aufgaben sehr gut meistern wird.

Hannelore Ratzeburg hat in Ihrer Dankesrede nach Erhalt der DFB-Ehrenmitgliedschaft auf dem DFB-Bundestag gesagt: „Der Weg ist bereitet, aber nicht zu Ende.“ Was ist für Dich jetzt das Dringendste auf der Agenda, um diesen eingeschlagenen Weg weiterzugehen?

Das sehe ich natürlich genauso wie Hannelore Ratzeburg. Der Weg ist noch lange nicht zu Ende. Das Dringendste ist tatsächlich, an der Sichtbarkeit der FLYERALARM Frauen- Bundesliga sowie der 2. Frauen-Bundesliga zu arbeiten. Die Ligen brauchen eine größere Unterstützung. Nicht nur im finanziellen Bereich, auch in der Vermarktung ist noch einiges zu tun. Mit Célia Šašić haben wir im Präsidium jetzt auch eine Frau, die zwar nicht unmittelbar für die Liga zuständig ist, aber als ehemalige Bundesliga- und Nationalspielerin ein Gesicht ist, das viele kennen. Ich glaube, dass wir gemeinsam mit Silke Sinning im Präsidium jetzt ein bisschen mehr Frauenpower haben und im Sinne des Frauenfußballs einiges voranbringen können.
Zudem glaube ich, sind wir auf einem guten Weg, die Länderspiele der Frauen-Nationalmannschaft zeitlich besser zu platzieren, sodass die Anstoßzeiten nicht immer mittags oder nachmittags liegen, sondern analog zu denen der Männer zur „Primetime“ angesetzt werden.

Bereits seit 2003 bist Du für den NFV im Ausschuss für Frauen- und Mädchenfußball unterwegs. Seit 2009 als Vorsitzende des Gremiums auch im NFV-Präsidium, warst Spielleiterin der 2. Frauen- Bundesliga, jetzt das Amt im DFB. Woher nimmst Du die Kraft und dieses Durchhaltevermögen?

Ich bin sehr gut strukturiert. Auch, wenn mich im Moment, wo die Termine und Nachrichten nur so auf mich einstürzen, einiges abverlangt und ich erstmal gucken muss, in welchem Gremium was als Nächstes zu tun ist. Mir hilft, dass ich trotz allem auf dem Teppich bleibe. Ich bin sehr bodenständig und werde sicher nicht abheben. Ich habe eine tolle Familie, die mich unterstützt und ein gutes Umfeld, das hilft. Zudem bin ich gerne in der Natur, das erdet mich.

TV-Präsenz, Equal Pay, Sponsoring, Profiligen, die anstehende Europameisterschaft im Sommer, all das sind Fragen und Inhalte, die den Frauenfußball beschäftigen. Gerade in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga ist der Ruf nach mehr Professionalität groß. Wir wissen, dass Du eine absolute Teamplayerin bist. Wie und mit wem stellst Du Dich dieser Diskussion?

Ich bin weiterhin im Ausschuss der Frauen-Bundesligen und werde mich dort mit Siggi Dietrich (Vorsitzender des DFB-Ausschusses Frauen-Bundesligen, Anm. d. Red.) und auch den Vertreter*innen der Liga gut vernetzen, um tatsächlich auch zu sehen, wo noch mehr Professionalität verankert werden kann. So wie beispielsweise bei Werder Bremen, VfL Wolfsburg, Bayern München, das sind die Vereine, die machen das schon super vor. Für andere Vereine müssen wir anstreben, Verbesserungen zu erwirken.

Wie ist es zu bewerkstelligen, dass auch der Frauen- und Mädchenfußball in den Amateurvereinen von einer besseren Sichtbarkeit des Frauenfußballs in der Spitze profitieren kann?

Da hilft jedes Interview wie dieses weiter. Selbst die Zeitung meiner Heimatstadt hat vom DFB-Bundestag und von der Wahl von Bernd Neuendorf und Silke Sinning berichtet. Meine Wahl und das Thema Frauenfußball hat nicht in einer Zeile stattgefunden. Das finde ich schade und zeugt nicht von viel Akzeptanz. Sichtbarkeit des Frauenfußballs hat auch etwas damit zu tun, dass es Sichtbarkeit und Anerkennung der Personen gibt, die sich dafür einsetzen. Da ist schon noch ein ganz schön dickes Brett zu bohren.

Hast Du Inhalte, die Dich persönlich antreiben? Themen, die Deiner Meinung nach bislang zu kurz gekommen sind? 

Diversität ist ein Thema. Dazu liegt mir junges Ehrenamt am Herzen. Zu überlegen, wie man junge Menschen an Gremienarbeit heranführen und diese unterstützen kann, dafür werde mich auf DFB-Ebene und in Schleswig-Holstein definitiv einsetzen. In Schleswig-Holstein sind wir gerade dabei, ein junges Präsidium zu verankern und ich denke mir, dass wir da auf einem guten Weg sind.

Was machst Du, wenn Dir die Arbeit mal über den Kopf wächst? Wie entspannst Du und sammelst Kraft und Ideen für neue Herausforderungen?

Ich habe einen schönen Garten. Ich habe tatsächlich schon Tomaten und Gurken ausgesät und ich freue mich jetzt schon, wenn die kleinen Sprösslinge kommen. Wie schon gesagt, bin ich auch gerne in der Natur, am Meer, gehe gerne spazieren. Ich koche sehr gerne, das entspannt mich total.

Sabine, wir danken Dir für das Gespräch und wünschen Dir allzeit ein glückliches Händchen und viel Durchsetzungsvermögen bei Deinen zukünftigen Aufgaben.

Sehr gerne und vielen Dank für die guten Wünsche.
 

 


(Interview: NFV)

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